Fußball-Andenken zwischen VEB und Planwirtschaft
Der Verein Zwickauer Fußballgeschichten hat im FSV-Fanshop eine kleine Ausstellung vorbereitet, die uns in die DDR zurückführt – quasi in die Steinzeit des Fußball-Souvenirwesens.

VON ERIK KIWITTER

ZWICKAU – Man hat in der DDR schon etwas gelernt, so ist es nicht. Wer zwischen Ostseestrand und Erzgebirgskamm aufgewachsen ist, der hatte besonders eine Stärke – die hieß Geduld. Lange Schlangen vor den Geschäften, wenn es einmal Bananen oder Wernesgrüner gab. Jahrelanges Warten auf den Trabi. Wenn man das heute jungen Leuten erzählt, die glauben einem das gar nicht und zeigen einem den Vogel. Auch die Fußball-Fans in der DDR und Souvenirsammler brauchten einen langen Atem.

Im FSV-Fanshop an der Zwickauer Scheffelstraße öffnet demnächst eine kleine Ausstellung, die uns zurückführt in eine kleine Epoche, die man locker als Steinzeit des DDR-Fußball-Souvenirwesens bezeichnen kann. Alte Gläser, Embleme, Schals, Programmhefte, Fanmützen – die Jungs des Vereins Zwickauer Fußballgeschichten haben die Vitrinen in dem Geschäft an der Scheffelstraße mit wertvollen Stücken ausgestattet. Tolle Fotos aus dem Stadtarchiv komplettieren die nostalgische Fußballschau. Eine Schwarzweiß-Aufnahme zeigt ein paar Zuschauer im Look der späten 70er-Jahre, die von der legendären Halde aus in den Kessel des Stadions schauten, das damals noch den Namen des bulgarischen Kommunisten Georgi Dimitroff (1882 bis 1949) trug. Und der Verein hieß noch nicht FSV, sondern BSG Sachsenring. Es haben sich auch ein paar Stücke aus der Zeit Anfang der 90er-Jahre mit in den Vitrinen verirrt. Aber das ist okay. Immerhin liegt diese Zeit auch schon wieder rund 30 Jahre zurück.

„Das Prunkstück in unserer Ausstellung ist eine alte Rassel“ , erzählt Vereinsvorsitzender Chris Scheundel. Die Rassel ist eine Leihgabe des früheren Sachsenring-Werkers Kurt Mehlhorn und der Beweis: Die DDR-Bürger hatten nicht nur Geduld, sie besaßen auch ein ausgeprägtes Improvisationsvermögen. Das Teil stammt aus dem Jahr 1975. „Als sich die Zwickauer Mannschaft für den Europapokal qualifiziert hatte, sagte sich Kurt Mehlhorn, dass man bei den internationalen Spielen im Stadion richtig Stimmung machen muss“, weiß Vereinsmitglied Eric Löffler. So ging Mehlhorn mit ein paar Leuten in die Schlosserei des VEB Sachsenring und ließ sich aus Stahlblech diese Rasseln schweißen, in die dann Kugeln aus demolierten Kugellagern kamen und die schließlich noch in den Vereinsfarben lackiert wurden. Zum Glück ist eine bis heute erhalten geblieben und ist jetzt als Leihgabe Bestandteil der Ausstellung.

Der Fußball-Souvenirwesen in der DDR war abenteuerlich. Fanshops wie heute existierten nicht. Die Fußball-Anhänger mussten Stift und Zettel herausholen und dem Verein ihres Herzens einen Brief schreiben. Dann kam eine Art Angebotsliste zurück, die es auszufüllen galt. Eine liegt in der Ausstellung aus, sie stammt aus der Zeit um 1970: „Werter Sportfreund! Auf ihre Anfrage nach Souvenirs geben wir nachstehendes Angebot … Mit sportlichem Gruß! BSG Sachsenring Zwickau, Sektion Fußball“. Ein großer Wimpel (30 mal 42 Zentimeter) kostete 10 Mark, ein Bierglas 3,50 Mark, ein Erinnerungswimpel „20 Jahre Fußball-Oberliga in Zwickau“ 5 Mark und eine Krawatte 15 Mark.

Aber manches war Mangelware. Auf der Angebotsliste, die der Verein Zwickauer Fußballgeschichten ausstellt, ist vermerkt, dass es gerade keine Anstecknadeln (1,50 Mark) gibt. Auch die Manschettenknöpfe für 10 Mark waren gerade aus. Manschettenknöpfe und Krawatte – wie vornehm ist man denn damals ins Stadion gegangen? Oder kleidete sich der Herr so, wenn er mit seiner Frau mal fein Essen ging?

Die Abwicklung des Souvenir-Handels mit dem Verein war weniger romantisch. „Der Betrag ist uns per Postanweisung zuzusenden. Nach Eingang des Geldes erfolgt der Versand. Postwertzeichen können n i c h t in Zahlung genommen werden. Ihren Wunsch wollen Sie bitte auf die Rückseite der Postanweisung schreiben“, heißt es am Ende der Angebotsliste. Aber die Bestellung war erst die halbe Miete. Manchmal kam ein Brief zurück, in dem stand: „Wir bitten Sie, sich zu gedulden. Zur Zeit bereiten wir die Delegiertenkonferenz unserer BSG vor. Somit kann sich der Versand noch etwas verzögern.“ Oder es waren gerade keine Mannschaftsfotos vorrätig, da verschickte der Verein mal eben so was ganz anderes, ein Stoffemblem oder ein Glas, da war man nicht so pingelig. Wen das Prozedere störte, der konnte sein Glück auf dem Rummel probieren. Dort gab es Gläser, Wimpel oder Kissen an Los- oder Schießbuden. Auch das war nicht unproblematisch. Wer Pech oder zu wenig Geschick hatte, musste ganz schön tief in die Tasche greifen.

» Internet: https://www.zwickauer-fussballgeschichten.de
DIE AUSSTELLUNG kann ab Montag im FSV-Fanshop, Scheffelstraße 43 in Zwickau, besichtigt werden.